Die Corona-Pandemie in der Transport- und Logistikbranche
Fragen an STERAC-Geschäftsführerin Nicola Rackebrandt

Braak, den 31. März 2020. Nicola Rackebrandt ist seit 2012 Geschäftsführerin der STERAC Transport & Logistik GmbH. Das mittelständische Unternehmen aus dem schleswig-holsteinischen Braak ist eine der größeren Transport- und Logistikfirmen Norddeutschlands mit über 130 Beschäftigten. Wir sprachen mit Nicola Rackebrandt über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf STERAC und die Transport- und Logistikbranche.

Frau Rackebrandt, welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die STERAC Transport und Logistik GmbH?
Nicola Rackebrandt: Wir haben zunächst Maßnahmen zum Schutz unserer Mitarbeiter und deren Familien getroffen. Mittlerweile arbeiten 35% der administrativ Tätigen im Homeoffice. Die restlichen Angestellten wurden so verteilt, dass Kontakte minimiert sind. Wir haben auch die Lagerarbeiter unserer Hallen 1-7 strikt aufgeteilt und voneinander getrennt. Für die Fahrer sind Quarantänebereiche für die Dokumentenübergaben eingerichtet worden. Externe Besuche wurden abgesagt. Viele Termine werden über unterschiedliche Videokonferenzsysteme und Telefonkonferenzen abgehalten. Und es gibt klar definierte Abläufe, wie sich ein Mitarbeiter in einem Verdachtsfall zu verhalten hat. Diese haben wir gemeinsam mit der Betriebsärztin und den Gesundheitsämtern entwickelt.

Welche menschlichen Auswirkungen hat das Virus bei STERAC?
NR: Wir versuchen mit unseren Mitarbeitern sehr offen zu kommunizieren und alle notwendigen Schritte zu erläutern. Ich bin sehr dankbar, dass wir eine so tolle Belegschaft haben. Denn wir sind bis jetzt auf viel Verständnis gestoßen. Mein Eindruck ist, dass alle unsere Mitarbeiter den Ernst der Lage erkannt haben und mithelfen wollen, die Krise gemeinsam zu meistern. Viele von ihnen und sogar unsere Kunden bieten Unterstützung an, um die Arbeitsabläufe am Laufen zu halten. Es ist schön zu sehen, dass sie viele tolle kreative Ideen haben und positiv nach vorne schauen. Bei STERAC herrscht keine Untergangsstimmung, sondern eher eine gemeinsame Aufbruchstimmung.

Was bedeutet die Pandemie derzeit für Ihre Geschäftslage?
NR: Wir verzeichnen STAND HEUTE einen leichten Rückgang. Ich würde die Auftragslage als moderat bewerten. Einige Bereiche sind natürlich stark zurückgegangen, z.B. Importe aus China. Bei einigen Kunden sind starke Rückgänge zu verzeichnen, bei anderen Kunden wiederum – Lebensmittelindustrie, Krankenhausbedarf, Hygieneartikel – sieht die Auftragslage sehr gut aus. Es kommt sehr auf die jeweilige Branche an.

Wie ist STERAC auf Kundenseite aufgestellt, um die Krise zu bewältigen?
NR: Wir spüren eine große Unsicherheit bei unseren Kunden und versuchen, dem mit Transparenz zu begegnen. Unsere Kunden benötigen Informationen aus den Ländern, die sie beliefern, über die Situation an den Grenzen und über die generelle Liefersicherheit. Wir haben daher auf unserer Homepage ein Wissensforum eingerichtet und unterrichten unsere Kunden in regelmäßigen Abständen per E-Mail, ohne sie aber mit einer Informationsflut zu überfrachten.

Gibt es bei Ihnen so etwas wie eine Task Force?
NR: Ja, wir haben eine Task Force gebildet. Täglich werden die Informationen aus den einzelnen Abteilungen verarbeitet und neu bewertet. Der Vorsitzende der Task Force ist im ständigen Austausch mit unserer Betriebsärztin, dem Arbeitssicherheitsausschuss und den Ämtern. Er koordiniert alle notwendigen Maßnahmen für unsere Mitarbeiter, den Umgang mit Externen und unseren Kunden. Zudem hat sich STERAC so aufgestellt, dass im Falle einer Quarantäne die Arbeitsabläufe für unsere Kunden gesichert sind. Es sind Schlüsselbereiche definiert worden, um diese im Falle eine Quarantäne besetzen zu können.

Hat die Krise Auswirkungen auf Relationen?
NR: Es gibt ja bedauerlicherweise kein einheitliches europaweites Handeln. Jedes Land beschließt eigenständige Maßnahmen. Das hat zur Folge, dass jede Relation (jedes Land) andere Maßnahmen ergreift und somit unterschiedliche Anforderungen an die Logistik stellt. So wurden z.B. in Italien und Portugal Produktionsstätten geschlossen, in Polen wird dagegen weitergearbeitet. Dafür waren die Grenzkontrollen in der letzten Woche ein großes Problem. STERAC hat in jedem Land einen Muttersprachler, der die politische und wirtschaftliche Situation täglich neu bewertet. Daraufhin passen wir unsere Strategien permanent an und informieren unsere Kunden.

Wie steht es um Ihre Lagerkapazitäten?
NR: Da gibt es bei uns unterschiedliche Entwicklungen. Da die Importe aus China eingebrochen sind, fehlt es an Nachschub von Industrie- und Standardgütern. Die Kunden reagieren darauf auch sehr kreativ und bestellen ihre Waren teilweise aus anderen Ländern. Lebensmittel, Hygieneartikel und Krankenhausbedarf haben wiederum einen starken Absatz. Hier sind die Wareneingänge, Lagerungen und Ausgänge hoch. Unsere Partner bieten auch Lagerkapazitäten in den unterschiedlichen Ländern an. Das ist wichtig, um bei Produktionsstart sofort wieder lieferfähig zu sein.

Stichwort Lebensmittel. Welchen Beitrag kann STERAC leisten, um die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa aufrechtzuerhalten?
NR: STERAC arbeitet mit langjährigen und zuverlässigen Partnern europaweit. Wir haben Notfallpläne implementiert, um Arbeitsabläufe zu garantieren. Auf zahlreichen Relationen setzten wir auf multimodale Verkehre. Das heißt, wir versenden unbegleitete Trailer per Fähre oder Bahn in die jeweiligen Länder. Damit minimieren wir die Abhängigkeiten von Wartezeiten an den Grenzen, die auf Grund der Gesetzgebungen der einzelnen Länder durch Personenkontrollen entstehen können.

Experten rechnen mit gravierenden Auswirkungen auf den Export und die Wertschöpfungsketten. Was hören Sie von Kundenseite?
NR: Hier kommt es auf die Branchen an. STERAC hat über 600 aktive Kunden aus ganz unterschiedlichen Branchen. Einige sprechen von Betriebsschließungen. Andere, wie z.B. die Lebensmittelindustrie, von Normalität. Da STERAC sich sehr breit aufgestellt hat und alle notwendigen Zertifizierungen besitzt, sind wir flexibel. Ich bin der festen Überzeugung, dass STERAC aufgrund des Kunden- und Branchenmixes die Krise gemeinsam mit seinen Kunden bewältigen wird.

Wird STERAC auf Kurzarbeit umstellen müssen?
NR: Diese Entscheidung werden wir von der wirtschaftlichen Lage abhängig machen. Wir haben natürlich ein Worst Case Szenario erstellt und auch Kurzarbeit beantragt. In diesem Szenario sind alle Maßnahmen in Betracht gezogen. Unser Ziel ist es, Arbeitsplätze zu erhalten und unsere 40-jährige Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben.

Wie beurteilen Sie die Maßnahmen der Bundesregierung, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzumildern?
NR: Die Bundesregierung hat ja großzügige Hilfen zugesagt. Unsere Erfahrungen sind jedoch ernüchternd. Es werden verzinste Liquiditätskredite von den Hausbanken vergeben, für deren Großteil der Staat bürgt. Kredite müssen natürlich zurückgezahlt werden. Die Folge dieser Maßnahmen wird eine hohe Verschuldung der Unternehmen sein.

Gibt es wirtschaftliche Maßnahmen, die Sie sich wünschen, bzw. die Sie für die Transport- und Logistikbranche für nötig halten?
NR: Ja, eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes.

Kitas und Schulen sind geschlossen. Inwieweit dürfen Ihre Mitarbeiter*Innen flexibel in punkto Kinderbetreuung sein? Und wie gelingt es Ihnen als Geschäftsführerin und Mutter, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen?
NR: Mit dem Homeoffice haben wir eine Lösung gefunden, die gut funktioniert und mit der die betroffenen Familien gut klarkommen. Ich selbst arbeite den halben Tag von zu Hause und organisiere diese Situation mit meiner Familie.

Zusammenfassung:
STERAC-Geschäftsführerin Nicola Rackebrandt ist „der festen Überzeugung, dass STERAC aufgrund des Kunden- und Branchenmixes die Krise gemeinsam seinen Kunden bewältigen wird“. Bei STERAC wurden weitgehende Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter während der Corona-Epidemie getroffen. Die Belegschaft zieht an einem Strang, um die Krise gemeinsam zu überstehen. Kunden sind verunsichert und haben ein gesteigertes Bedürfnis nach Informationen. Die Auftragslage ist moderat und stark branchenabhängig. Der Warenumsatz ist im Lebensmittelbereich hoch, aber es fehlt an Nachschub von Industrie- und Standardgütern. Auf Grund einer uneinheitlichen europäischen Vorgehensweise ist STERAC mit verschiedenen Anforderungen an die Logistik konfrontiert und muss flexibel reagieren. Dabei profitiert das Unternehmen von seiner internationalen Belegschaft, die die politische und wirtschaftliche Situation täglich neu bewertet. Kurzarbeit ist beantragt worden, bei STERAC ist man auf den Worst Case vorbereitet. Ziel der Geschäftsführung ist es, Arbeitsplätze zu erhalten. „Bei STERAC herrscht keine Untergangsstimmung, sondern eher eine gemeinsame Aufbruchstimmung“, so Nicola Rackebrandt.

Über STERAC:
Sieben Hallen auf 42.000 m² Grundfläche und mehr als 110 Trailer gehören heute zum Grundstock des norddeutschen Transport- und Logistikunternehmens mit über 130 Mitarbeitern. Die vier Leistungskategorien der STERAC Transport & Logistik GmbH umfassen europäische Landverkehre, Lagerlogistik, Value Added Services sowie internationale Überseetransporte. STERAC liefert Güter aller Branchen, ist Experte für Gefahrguttransporte und ebenso zertifiziert für Lebensmittelsicherheit. 2019 feierte die STERAC Transport & Logistik GmbH ihr 40-jähriges Firmenjubiläum. Nicola Rackebrandt ist seit 2012 Geschäftsführerin der STERAC Transport & Logistik GmbH. Zuvor verantwortete sie die Logistiksparte des von ihrem Vater gegründeten Unternehmens.

Bildergalerie

  • STERAC_VideokonferenzVideokonferenzen mit Kunden und Mitarbeitern gewährleisten kontaktlose Kommunikation
  • STERAC_Lager_CoronaDurchgang verboten: Zum Schutz der Mitarbeiter wurden diese nach Lagerhallen getrennt
  • STERAC_Nicola RackebrandtNicola Rackebrandt ist Geschäftsführerin der STERAC Transport & Logistik GmbH
  • STERAC_LKW_HalleDie STERAC Transport & Logistik GmbH im schleswig-holsteinischen Braak

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